Der „Cycle d’orientation“, den das Schulhaus beherbergt, umfasst die drei letzten Jahre der obligatorischen Schulzeit. Auf ihn ist es zugeschnitten. Es ist betont gross und hat mit seiner ungewöhnlichen Fassade den repräsentativen Ausdruck eines öffentlichen Gebäudes. Nichts Kindliches haftet ihm an: Die Teenager dürfen hier stolz darauf sein, als junge Erwachsene empfangen zu werden. Gleichzeitig unterstreicht der Bautyp, dass hier noch alles eine Einheit bildet, vielleicht zum letzten Mal, bevor sich die Schüler für einen spezialisierten Bildungsund Lebensweg entscheiden müssen. Selten fand das Ideal einer ganzheitlichen Bildung, die der Entwicklung von Geist und Körper gleichermassen verpflichtet ist, eine so prägnante architektonische Entsprechung. In den Obergeschossen liegen sich jeweils Unterrichtszimmer und Sporthallen unmittelbar gegenüber. Verbindend wirken die Mittelkorridore, die durch die drei Hallen hindurch belichtet werden und sich jeweils zu Pausen- und Arbeitszonen ausweiten. Dadurch wird die enorme Länge des Baus rhythmisiert, wobei die grossen Räume in Grundriss und Schnitt als eine Art Kolossalordnung wirken, die zwischen dem kleinen Massstab des Einzelnen und dem grossen des Ganzen vermittelt. Im Eingangsgeschoss gruppieren sich die gemeinsamen Nutzungen Verwaltung, Mediathek und Auditorium um eine grosszügige Empfangshalle, die sich über eine Rampe und den hohen Raum der Mensa mit dem Gartengeschoss verbindet. Die äussere Erscheinung des Baus wird von einer baumartigen Tragstruktur aus vorgefertigten Betonelementen geprägt. Auch hier gibt es also eine Kolossalordnung, durch welche die Aufteilung in Geschosse und Räume von einer Logik überlagert wird, die sich auf den Bau als Ganzes und auf seinen Ort bezieht. Die sich von unten nach oben verästelnden Stützen erinnern an die mächtigen Bäume im Park der Domaine de Drize, der heute nur noch als Fragment existiert. Die Gemeinde Carouge bei Genf befindet sich in einer rasanten Entwicklung, die sich mit der absehbaren Umwandlung der benachbarten Industrieareale noch intensivieren dürfte. Der Bau der Orientierungsschule reflektiert diese Dynamik und erinnert leise an die Verluste, die damit verbunden sind.