Mit gut 2300 Metern ist der Berninapass, der das Puschlav mit der übrigen Schweiz verbindet, einer der höchsten ganzjährig offenen Alpenpässe.
Mit gut 2300 Metern ist der Berninapass, der das Puschlav mit der übrigen Schweiz verbindet, einer der höchsten ganzjährig offenen Alpenpässe.
Architekten | Bearth & Deplazes, Chur: Valentin Bearth, Abdrea Deplazes, Daniel Ladner |
Bauingenieure |
Ferrari Gartmann, Chur |
Geländegestaltung | Nina von Albertini, Paspels |
Bauzeit | 2018 - 2019 |
Auftraggeber | Tiefbauamt Graubünden |
Camera obscura |
Guido Baselgia, Malans; Bearth & Deplazes, Chur |
Der Berninapass ist eine eindrückliche Kulturlandschaft. Die Linien von Strasse und Bahn schlängeln sich durch ein karges, hochalpines Plateau, das von Gipfeln gefasst wird, die auch im Sommer ihren Schnee nie ganz verlieren. Im Wasser des Lago Bianco, der sich zwischen zwei Meeren staut, spiegelt sich der Himmel, eine Hochspannungsleitung hangelt sich von Mast zu Mast, Lawinenverbauungen klammern sich an die Steilhänge oder stemmen sich als eiserne Wächter gegen den Wind. Der steinerne Klotz des Hospizes hält die Stellung – und nun auch der neue Stützpunkt für den Strassenunterhalt. Zur Not lässt sich dessen Crew hier einschneien, um Verwehungen zu sprengen und um von oben her mit schwerem Gerät den Weg in die Täler zu räumen.
Ein pfeilerverstärkter Schirm zirkelt eine Ausweitung der Strasse ab und hält Hang und Geröll zurück. Tore und Fenster verweisen auf Räume, die gut geschützt in der Erde liegen, wo sich die Mauer in die Tiefe ausdehnt. Wie weit, zeigt sich im Siloturm, der sich aus dem Terrain erhebt und als mächtiger Pfeiler das Ganze in der Landschaft verankert. Die rationale, elementare Geometrie der Anlage bildet einen maximalen Kontrast zur gestaltlosen Natur und lässt an Werke der Land Art denken oder an die heroischen Projekte des russischen Konstruktivismus. Umso faszinierender ist, dass sich diese Klarheit mit einer geradezu organischen Disposition der Räume verbindet. Hinter dem Schirm erstreckt sich jeder Bereich so weit in die Tiefe, wie es seinem Zweck entspricht. In der Mitte schliessen sich drei Segmente durch grosse Öffnungen in den Wandscheiben zu einer offenen Werkhalle zusammen. Zu den Seiten hin werden die Räume aber kürzer und niedriger, bis zu den Pikett-Wohnungen an den Flanken und den einfachen Nischen in den Randfeldern. Die Überdeckung verschmilzt als künstliches, der Natur angeglichenes Terrain mit der Topografie. Der grösste Teil des Gebäudes bleibt deshalb unsichtbar.
Der Turm, der je nach Blickpunkt als abstrakter Zylinder erscheint, erhält durch die Ausbeulung der Treppe eine Ausrichtung. Mit seinem Wasserspeier und seiner rätselhaften schwarzen Trichteröffnung gewinnt er eine geradezu figurale Qualität. Zuoberst, in der Raumreserve des Silos, befindet sich eine Camera Obscura. Das Auge des Zyklopen lässt sich betreten. Und dann erscheint einem die Welt – verkehrt und verzaubert.
www.bearth-deplazes.ch
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Villa Sandmeier, Lacroix Chessex Architectes, Genf
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