• Die Fassaden wellen sich wie ein Vorhang, regelmässig unterbrochen von gläsernen Bullaugen. Foto: Marti Gruppe

    Die Fassaden wellen sich wie ein Vorhang, regelmässig unterbrochen von gläsernen Bullaugen. Foto: Marti Gruppe

  • 170 m lang, 110 m breit und bis zu 33 m hoch ist das Gebäude

    170 m lang, 110 m breit und bis zu 33 m hoch ist das Gebäude, dessen Aussenfassaden durch aussergewöhnliche Strukturen in weissem Sichtbeton bestechen. Foto: Marti Gruppe

  • Ein sich wellendes Fassadenelement aus der Nähe. Foto: Marti Gruppe

    Ein sich wellendes Fassadenelement aus der Nähe. Foto: Marti Gruppe

Umhüllt von einem riesigen Vorhang aus Ort-Sichtbeton: das neue Eishockey-Stadion in Zürich

In Zürich-Altstetten entsteht für den ZSC eine eigene Arena. Sie wird zwei Eisfelder und ein Parkhaus umfassen. Die Hauptarena ist für rund 12'000 Fans ausgelegt. Ein weiteres Eisfeld ist als Trainingshalle und Spielfeld für die Junioren und unteren Ligen eingebaut und bietet Platz für bis zu 300 Gäste. Im Aussenbereich erweitern Terrassen und Höfe den Zuschauerraum. Den Projektwettbewerb für die Arena hat das Büro Caruso St John Architects gewonnen. Mit dem Bau des Gebäudeensembles ist die ARGE ZSC Arena (Marti AG Zürich, Barizzi AG Brüttisellen) beauftragt.

 

Marcel Lappert ist Leiter Ausführung Hochbau bei der Marti AG und Gesamtprojektleiter der Swiss Life Arena. Ein Gespräch mit ihm über die Herausforderungen, die sich mit dem Bau dieses imposanten Bauwerks stellen, welche Bedeutung der Baustoff Beton dabei innehatte und weshalb ihn die in Beton gegossenen 5 Meter grossen ZSC-Logos begeistern.  

Marcel Lappert, Leiter Ausführung Hochbau, Marti AG
Marcel Lappert, Leiter Ausführung Hochbau, Marti AG

Eishockey-Stadien werden in der Schweiz selten gebaut. Was bedeutet dieses Projekt für Sie als Gesamtprojektleiter, Herr Lappert?

Das ist wahr. Jedes Projekt hat seinen eigenen Charakter und stellt in gewisser Weise ein Unikat dar. Bei diesem Projekt kann man aber mit Überzeugung von einem Unikat sprechen. Es wurde meines Wissens noch nie eine Fassade in dieser Grössenordnung mit solch einer starken Profilierung in Sichtbeton erstellt. Für mich persönlich ist dieses Projekt ein Meisterwerk und wird in meiner zukünftigen Berufslaufbahn wohl nicht so schnell abgelöst werden können.

 

Die Fassade soll optisch wie ein Vorhang aus Sichtbeton erscheinen. Ein «Theatre of Dreams», wie es das Londoner Büro Ca­ru­so St. John Ar­chi­tects nennt. Welches waren Ihre Gedanken, als Sie zum ersten Mal von dieser Idee gehört haben?

Ich konnte die Pläne und Visualisierungen des Stadions im Zuge der Submissionsphase bereits eingehend sichten, dies noch bevor ich von der Namensgebung des Architekturbüros gehört habe. Aber bereits das Sichten der Pläne respektive das Studium des Projektes liessen mein Herz als Hochbauer höherschlagen, verbunden mit dem entsprechenden Respekt vor den anstehenden Herausforderungen. Ich war somit ziemlich gut auf den Titel "Theatre of Dreams" vorbereitet.

    Welches waren die grössten Herausforderungen der rund12 Meter hohen und 21 Meter langen Betonier-Etappen?

    An sich bergen beim Sichtbetonbau die Arbeitsfugen immer ein gewisses Risiko, welches es in der Planung und bei der Ausführung der Arbeiten sorgfältig zu beachten gilt. Bei einer derart stark profilierten Fassade ist eine Arbeitsfuge eine ungleich grössere Herausforderung, welche es zu meistern gilt. Aus diesem Grund haben wir uns zu solch grossen Betonieretappen entschlossen. Sich auf eine erfahrene Mannschaft abstützen zu können, welche den Beton innerhalb der Verarbeitungszeit zielführend eingebaut hat, war ein echter Mehrwert. Für den Betoneinbau waren jeweils bis zu 9 Betonvibiernadeln gleichzeig im Einsatz!

     

    Welches war Ihre Motivation beim Bau dieser imposanten Fassade?

    Das Schöne im Hochbau ist jeweils zu sehen, wie ein Projekt in die Höhe wächst und was man in einer sportlichen Zeit realisiert hat. Aufgrund der Fassadenkonstruktion verbirgt sich unser Handwerk jedoch meist im Gebäudeinnern respektive in der Tragstruktur und ist von aussen nicht mehr direkt sichtbar. Bei der Sichtbetonfassade der Swiss Life Arena bleibt das faszinierende Handwerk des Baumeisters jedoch für Jahre ersichtlich und erfüllt jeden, der an diesem einzigartigen Projekt mitarbeiten durfte, mit Stolz und Freude.

     

    Bei diesem Bauwerk wurden 42’000 m3 Beton verbaut. Wie stehen Sie selbst zum Baustoff? 

    Natürlich ist die gesamte Herstellung von Beton mit negativen Umweltpunkten belastet, welche es nicht wegzudiskutieren gibt. Beton lässt sich jedoch in jede erdenkliche Form giessen, weist statische Eigenschaften auf, welche zur Zeit noch nicht ersetzt werden können und ist schlussendlich auch ein äusserst effizientes, einfach zu verarbeitendes Naturprodukt. Ich persönliche denke, dass Beton mittelfristig weiterhin nicht wegzudenken ist und dass kurzfristig viel mehr andere Komponenten zu berücksichtigen sind. Unter anderem muss der Beton effizienter eingesetzt werden können und dies auch in Kombination mit weiteren Baustoffen. Auch die Betonrezeptur muss effizienter werden. Konkret muss man mit weniger Zement und Primärstoffen auskommen können, was wiederum voraussetzt, dass auch das Normenwerk hinsichtlich der Nachhaltigkeit angepasst werden sollte. Vor allem jedoch gilt es, den Beton weniger "verschwenderisch" einzusetzen. Dieses Problem löst jedoch nicht primär der Baustoff aus, sondern liegt an unserer Gesellschaft. Die Folgen unserer «Wegwerfgesellschaft» spiegeln sich im grossen Materialfluss des Bauhauptgewerbes krass wieder. Hier sind alle Akteure in der Bauwirtschaft in der Pflicht, diesem Problem entgegenzuwirken!

    • Für ein stimmungsvolles Ambiente sorgen zwölf Lichtkelche, die sich an den Innenwänden der Arena befinden. Foto: Marti Gruppe

    • Mittelpunkt des Stadiongebäudes ist die Arena mit der imposanten Zuschauertribüne aus Betonlementen. Foto: Marti Gruppe.

    • Die in Vorfabrikation hergestellten Lichtkelche befinden sich auf den 84 Meter langen Stirnseiten der neuen Arena zwischen Innenwand und Fassade. Mit einer Höhe von elf Metern, einer Breite von sechs Metern und einem Stückgewicht von 40 Tonnen sind sie alles andere als alltäglich. Foto: Marti Gruppe

    Worin lagen die Vorteile von Beton u.a. bei der Sichtbetonfassade des Stadions?

    Aus statischer Sicht konnte mit der tragenden Sichtbetonfassade auf eine zusätzliche innenliegende Tragstruktur verzichtet werden. Zudem musste für den Ausbau nicht zuerst noch eine aufwendige Fassade montiert werden, damit das Gebäude geschossweise dicht ist. Dies liess wiederum den Innenausbau früher starten. Ebenfalls gab es für den Bauherren viel weniger Arbeitsgattungen zu koordinieren, sondern vieles wurde direkt durch den Baumeister koordiniert und fertiggestellt.

     

    Für den Bau wurde der Beton direkt vor Ort hergestellt – mit welchen Vorteilen? Und stammen die Rohstoffe aus Zürich?

    Grundsätzlich erhält man mit einer Ortbetonanlage eine grosse Flexibilität in der Produktion. Ebenfalls sind die sogenannten «Topfzeiten», d.h. die Dauer des Betontransports im Fahrmischer, auf 0 gestellt. Zudem ist man beim Erstellen vom Sichtbeton auf eine gleichbleibende Frischbetonqualität angewiesen, die wir mit unseren erfahrenen Mitarbeitern auf den Anlagen exakt einhalten konnten. Da die Fassade mit weissem Zement hergestellt wurde, welcher sehr früh abzubinden beginnt, konnte dank der Vor-Ort-Herstellung eine gleichbleibende Qualität gewährleistet werden. Und dies erst noch ohne Risiken wie etwa die Abhängigkeiten zu Lieferwerken, Staus oder sonstigen Lieferproblemen. Da wir zwei Ortbetonanlagen installiert hatten, konnten wir auch sicherstellen, dass beim Ausfall einer Ortbetonanlage eine zweite verfügbar ist. Die Rohstoffe (v.a. Kies) stammen aus der Region und der Zement produktionsbedingt aus den naheliegenden Zementwerken.

     

    Die neue Sportarena beheimatet inskünftig 12'000 Zuschauerinnen und Zuschauer. Beton wird dabei wohl eher eine Nebenrolle spielen. Und doch ist er wichtig. Er leistet eine enorme Rolle bzgl. Stabilität. Gibt es noch weitere Eigenschaften, die dank des Betons möglich sind?

    Ich denke, viele der Sportfans oder Eventbegeisterten werden innerhalb der Arena selber das eine oder andere Mal den schönen Sichtbeton der Halleninnenwand oder das Lichtspiel innerhalb der Betonlichtkelche betrachten und sich daran erfreuen. Zudem wird die ganze ARENA mittels TABS System gekühlt oder geheizt. Das heisst, dass Betonteile wie Decken mittels eingelegter Leitungen gekühlt oder gewärmt werden, wobei die Betonmasse als thermischer Speicher dient. Mit diesem innovativen Heiz-/Kühlsystem kann ein ideales Raumklima erzeugt werden.

    • Das ZSC-Logo aus Beton wiegt 7,5 Tonnen. Foto: Marti Gruppe

    Was gefällt Ihnen nun beim Anblick des fertigen Gebäudes am besten?

    Die 5 Meter grossen Logos vom ZSC, die ebenfalls aus Ortbeton erstellt wurden und dies in einer äusserst detaillierten und scharfkantigen Weise! Sie sind natürlich «nur» ein Detail in der gesamten Fassadenkonstruktion. Dass solch filigrane Bauteile mit normalem Hochbaubeton hergestellt werden konnten, beeindruckt mich persönlich sehr.

     

    Was macht den Berufsstolz im Bauwesen aus und hat er sich mit der Thematik «Klimawandel» verändert?

    Der Berufsstolz vom Baumeister liegt für mich persönlich in seinem Handwerk und im Erschaffen von Bauten für unsere Gesellschaft. Dies hat und wird sich mit der Thematik Klimawandel auch nicht verändern, da das Handwerk und das Erschaffen auch in der Zukunft weiterhin benötigt werden. Es ist sicher wichtig und richtig, wenn die Thematik Nachhaltigkeit in den Ausbildungen und Weiterbildungen vermehrt geschult wird.

    PERSÖNLICH
    Name: Marcel Lappert
    Funktion: Leiter Ausführung Hochbau bei der Marti AG
    Alter: 35
    Hobbys:

    Schlittenhundesport,Trekking

    Beruflicher Werdegang: Maurer, dipl. Bauführer SBA, eidg. dipl. Baumeister

    Villa Sandmeier, Lacroix Chessex Architectes, Genf

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