Das Zusammenspiel von abstrakter, zeichenhafter Geometrie und schon fast organischem Anschmiegen an Situation und Bestand prägt die Gestalt des Baus. 

Bild: Kuster Frey

Besucherzentrum Viamala-Schlucht Thusis

Architekten Iseppi/Kurath, Thusis
Bauzeit 10/2013-04/2014
Bauherrschaft Viamala Infra Betriebsgenossenschaft, Thusis
Bauingenieure FHP Bauingenieure, Thusis

Ein Tunnel, eine Brücke, schroffe Felsen, an denen Tannen kleben, und dann, schon halb in der nächsten Kurve, ein Haus, wie es die Kinder zeichnen, mit etwas zu niedrig geratenen Wänden und einem grossen Dach, das Schutz und Schirm verspricht. Aber dieses Haus ist auch lang und folgt mit einem Knick der Strasse, als wäre es doch eher eine Galerie, die Steinschlag und Schnee vom Weg abweist, wie jene vor dem Tunnel, den man eben verlassen hat. Dann aber verwandelt sich das Ganze unversehens zu einem rätselhaften, massiven Körper, der jäh in die Tiefe abbricht, um sich, nochmals später, beim Blick zurück, als bergende Schale zu erweisen, die auf altem Gemäuer aufliegt. Mit minimalen Mitteln verkörpert der Bau präzise, was er leistet. Als Haus ist er Ort, Attraktion und Aussichtspunkt. Er ist aber auch und vor allem ein Portal und ein Durchgang, denn das eigentliche Ziel liegt viel, viel tiefer im Dämmerlicht der Schlucht. 1903 liess der Verkehrsverein von Thusis an dieser dramatischen Stelle einen kleinen Kiosk und einen Weg nach unten bauen, um der neuen Albulabahn eine eigene Attraktion entgegenzusetzen. 287 Tritte führen zu einer Halbgalerie über dem Fluss. Hier wird die Nähe der unermesslich hohen Felsen greifbar und es öffnen sich eindrückliche Blicke auf das mal rauschende, mal glatt und still liegende Wasser, in dem sich kaum noch der Himmel spiegelt. In den 1960er Jahren wurden überdies Gletschermühlen entdeckt und zugänglich gemacht. Dabei wurde ein neuer Standpunkt erschlossen, der auch die Strasse ins Bild rückt und nicht zuletzt die touristische Pionierleistung selbst. In der Viamala fasziniert nicht nur das Naturdenkmal, sondern auch die Kultur und, vor allem, das Zusammenspiel von beidem. Die Schlucht ist eine dicht beschriebene Kulturlandschaft, in die sich das neue Besucherzentrum einfügt. Es baut auf dem Fundament der alten Stützmauern auf, sichert diese und gibt ihnen eine frische Bedeutung. Es ist ein neues Tor für den alten Weg in die Tiefe und schmiegt sich an die bestehende Strasse an, auch da, wo es ihre Nähe ausblendet, um Auge und Ohr auf die Schlucht zu fokussieren. Und es ist ein Haus und als solches eine Einladung zum Aufenthalt bei den Dingen, die diesen Ort ausmachen, und sei es auch nur für einen Moment.

www.iseppi-kurath.ch

Fragen und Antworten zur Betonqualität: PDF

  • Üblicherweise betritt man die Schlucht über das Haus, in dem man Informationen erhält und seinen Eintritt bezahlt. 

    Bild: Kuster Frey

  • Die Aussichtsterrasse gleicht einer offenen Muschel. Die Betonschale bietet einen starken Schutz im Rücken und öffnet sich auf die Schlucht mit der historischen Brücke als Blickpunkt. Wer nicht Treppen steigen kann oder will, kann auf der Terrasse auf seine Angehörigen warten. Der Ort lädt dazu ein, einen Moment innezuhalten, bevor man auf die Strasse zurückkehrt.

    Bild: Kuster Frey

  • Das Zusammenspiel von abstrakter, zeichenhafter Geometrie und schon fast organischem Anschmiegen an Situation und Bestand prägt die Gestalt des Baus. Körper und Raum sind aus gefalteten Betonflächen geformt.

    Bild: Kuster Frey

  • Schon fast verwischte Spuren lassen die Verwegenheit des römischen Weges erahnen. Man bestaunt den kühnen Schwung der Brücken von 1739 und 1938 und weiss auch um den Tunnel tief im Berg, der den Ort links liegen lässt.

    Bild: Kuster Frey

  • Die Aussichtsgalerie schiebt sich so weit vor, dass sie von der untersten Plattform aus in den Blick kommt. Die schroffen Felsen, die historische Treppenanlage und der krönende Neubau ergänzen sich zu einem stimmigen Bild.

    Bild: Kuster Frey

Villa Sandmeier, Lacroix Chessex Architectes, Genf

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